EUROPHANE S 400

Bis 1989 entwickelte, auch darüber hinaus noch produzierte Straßenleuchten für konventionelle Leuchtmittel.

EUROPHANE S 400

Beitragvon Olav » Mittwoch 17. Juli 2024, 19:42

Hallo zusammen,

einige Vorhaben dauert weitaus länger, als man selbst annimmt.
Das ist nicht nur bei Stuttgart21 der Fall, sondern auch bei der Restaurierung mancher Leuchten.

Anfang der siebziger Jahre brachte die Firma HOLOPHANE eine Mastaufsatzleuchte auf den Markt, deren Gehäuse aus zwei dickwandigen Halbkugeln aus Preßglas bestand.
Es gab verschieden große Ausführungen dieser Leuchte. Die kleinere - hier vorgestellte - Version hat einen Durchmesser von 400mm.
Die Bestückung dieser Version war ursprünglich für Glühlampen von 150W bis 300W, Quecksilberdampf-Hochdrucklampen 125W oder Mischlichtlampen 250W vorgesehen. Später kam auch die Bestückung mit Natriumdampf-Hochdrucklampe 70W dazu.

Ein Blick auf drei Katalogseiten von EUROPHANE (die Firma HOLOPHANE wechselte ihren Namen) zum Anfang der achtziger Jahre:

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Diese Halbkugeln sind miteinander verklebt, damit keine Feuchtigkeit und kein Schmutz durch diese Stellen in das Innere der Leuchte eindringen kann.

Im Laufe der Produktion dieser Leuchte gab es immer wieder kleine technische Änderungen. Die meisten Änderungen hatten als Hintergrund die Senkung der Herstellungskosten.

In den ersten Jahren der Fertigung waren das Ober- und Unterteil der Leuchte aus Aluminiumdruckguß gefertigt. Ebenso die zwei Ringe, welche die Glashalbkugeln mit Gewindestangen zusammenhalten.

Die Ober- und Unterteile der Leuchte wurden in den späteren Jahren der Fertigung aus GFK hergestellt und die zwei Ringe für das mechanische Zusammenhalten der beiden Glashalbkugeln wurden aus Blech gepreßt.

Im Jahre 2019 kaufte ich diese Leuchte gebraucht in Frankreich für 100€. Das war schon damals ein „Schnäppchen“, denn diese „Boule HOLOPHANE“ werden gerne von Edelschlachtern gekauft und dann schick gemacht wiederverkauft für mehrere 100€ als Schicki-Micki-Leuchte für einen LOFT.

Das Problem beginnt also schon damit eine bezahlbare unrestaurierte Leuchte überhaupt zu finden. Hat geklappt.

Die Leuchte hatte im Inneren die üblichen Verunreinigungen, wie andere Leuchten auch.
Besonders fiel aber auf, daß es in der Leuchte sehr warm geworden sein mußte. Die Anschlußleitungen zur E27-Lampenfassung waren mehr, als spröde. Eventuell war in dieser Leuchte eine Mischlichtlampe 250W, die gut „eingeheizt“ hatte. Ein Vorschaltgerät war bei der Übernahme dieser Leuchte nicht vorhanden, lediglich die Bohrungen dafür im Geräteträger waren werkseitig angebracht.


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Gut erkennbar ist, wie weit sich die Ummantelung der Leitungen bereits aufgelöst hat. Nach der Reinigung wurden neue Leitungen eingebaut.

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Das Ober- und Unterteil der Leuchte ist aus GFK hergestellt worden. Das ist einfach ein übles Material, was immer wieder Fasern absondert. Es wurden nacheinander drei Lackschichten mit grauer Farbe aufgetragen, um dieses Verhalten einigermaßen einzudämmen. Der Werkstoff GFK saugt die Farbe auf, fast ähnlich wie ein Stück Kreide. So sind die Oberflächen dieses Materials einigermaßen gründlich versiegelt und mit dem Austritt von Glasfasern ist erstmal Schluß.

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Als Aufnahme für die Leuchte habe ich selbst ein Drehteil angefertigt aus schwarzem Kunststoffmaterial. Das wurde auf einer dafür bereits verbereiteten Holzplatte montiert. In der Holzplatte ist ein Kanal für die Anschlußleitung eingefräst und 4 Stück Einschlagmuttern M8 sitzen an der Unterseite der Holzplatte in den Bohrungen. Die Anfertigung der Platte mit Bohren und Fräsen machte die Tischlerei bei mir „um die Ecke“. Die Platte hat ebenfalls auf der Unterseite noch 4 Stück runde Filzelemente erhalten in den Ecken. Die Seitenflächen und die Oberseite wurden mit Holzöl gestrichen.

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An den zwei Gewindestangen habe ich im oberen Bereich eine runde Scheibe aus 4mm dickem Aluminiumblech angebracht, um das lackierte Oberteil der Leuchte vor der direkten Strahlungswärme der Lampe zu schützen. Das ist also nicht original, sondern eine Änderung. Es bewährt sich sehr gut und der obere Deckel auf der Leuchte wird auch nach mehreren Stunden Betrieb der Leuchte nur handwarm.

Eingebaut habe ich ein gebrauchtes Vorschaltgerät von OPTIMA für Quecksilberdampf-Hochdrucklampen 80W und 125W. Die ursprünglich angedachte Bestückung mit einer 125W-Lampe habe ich verworfen, weil das für das Wohnzimmer schon unangenehm hell wurde. Eingebaut ist jetzt eine Lampe PHILIPS HPL-N 80W, was für diesen Zweck vollkommen ausreichend ist.

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So wurschtelt man dann wochenlang an dem Teil herum, lackiert, verkabelt, schraubt, wartet auf bestellte Ersatzteile (Käfigmuttern M8 in diesem Fall) und „ganz plötzlich“ ist die Leuchte auf einmal fertig. Den ganzen Zeitaufwand sieht man, wie bei vielen anderen Projekten dann später nicht mehr. Ich freue mich jedenfalls über eine meiner neuen Lichtquellen im Wohnzimmer.

Freundliche Grüße

Olav
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Re: EUROPHANE S 400

Beitragvon Bitburger » Dienstag 23. Juli 2024, 16:55

schöner Bericht und wunderbares Projekt, danke fürs Zeigen.
Das kenne ich, das Ende nach Monaten oder Jahren kommt dann plötzlich, fast unspektakulär.
Habe bis heute meine GICS nicht als Stehlampe aufgebaut, Kauf war vor ca. 5 Jahren...

Das Ding ist so 80er Jahre-französisch, dass es schon im Lexikon stehen könnte, als Beispiel für "französisch" :green: :

-Werbebilder von Meer/Hotels/Promenaden
-neue Materialien (transparenter Kunstsoff)
-Europa-Bezug (Firmenname)
-wunderbare Beschreibung ganz ohne Lehnwörter (allein "SHP" für (Vapeur) Sodium Haute Pression ist schon geil, die meissten anderen Wörter muss ich selber nachschlagen)
-wissenschaftlich-progressiv (Brechung/Optik)
-ein ganz klein wenig technische Schwäche (brutzelnde Decke, und wäre die Lampe Mittig, bräuchten sie vielleicht die Prismen nicht...)
-usw...

Den von Dir eingebauten Reflektor/Hitzeschild hatte ich beim Lesen zugegebenermaßen schon am Anfang auf dem Schnittbeild vergeblich gesucht

Schön ist, dass man die Lampe in der Höhe verstellen kann, wenn doch mal eine 125er rein soll.

Du schreibst E27 Fassung, kann es nicht sein, dass die Kabel einfach mit einer performanten Glühlampe gegrillt wurden ?
Würde auch das fehlende VG erklären.

Schöne Umsetzung mit dem Fuß, den Schreinerarbeiten!

Gruß C :sm023:
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Re: EUROPHANE S 400

Beitragvon Olav » Montag 29. Juli 2024, 08:59

Hallo Christoph,

danke für die Blumen. Ja, mit einem Mal werden solche Projekte plötzlich fertig. Unspektakulär, wie du es schon geschrieben hast.
Eine Glühlampe kann es natürlich auch sein, die in dieser Leuchte betrieben wurde in der E27-Fassung.
Die Lampe selbst ist allerdings nicht höhenverstellbar, denn die Lampenfassung ist ja auf diesem zweimal abgewinkelten Aluminiumblech fest angebaut.

Die früheren Versionen dieser Leuchte, noch von HOLOPHANE hergestellt, haben im oberen Bereich einen Reflektor aus Alumeniumblech gehabt. Das war ein rundes Preßblechteil gewesen.
Ursprünglich wollte ich so eine ältere Leuchte aufarbeiten und den Reflektor ausbauen, da ich gerne auch Licht an der Zimmerdecke haben möchte.
Das Trennen der beiden Halbkugeln aus Preßglas mißlang aber, der verwendete Klebstoff hält sehr gut. Daher liegt diese zweite Leuchte nun aufgearbeitet wieder im Karton. Ausgesehen hätte es sonst, wie auf dem folgenden Bild:

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Diese Leuchte hatte ich bereits mit einer 125W Quecksilberdampflampe bestückt gehabt. Es gefiel mir aber nicht, daß der obere Bereich dunkel war. Für Belange einer Straßen- oder Wegbeleuchtung hätte es Sinn gemacht wegen besserer Ausnutzung und Reduzierung der Lichtverschmutzung des Himmels.

Freundliche Grüße

Olav
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Re: EUROPHANE S 400

Beitragvon magslight » Montag 29. Juli 2024, 16:13

Finde beide Varianten toll! Sehr gute Arbeit! :g)
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Re: EUROPHANE S 400

Beitragvon Gerrit » Mittwoch 2. Oktober 2024, 11:44

Kann es sein, dass es sich hierbei auch um eine Leuchte und Modell aus dieser Serie handelt? Nur halt mit halb geöffnetem Glas und vermutlich einer Oberseite die entweder innen reflektiert, oder zumindest verhindern soll, dass das Licht nach oben austritt.

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Leuchte

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Leuchte


Diese Leuchten habe ich auf Mallorca zu Hauf gesehen, mal bestückt mit LED Mais, mal mit HQL, mal mit HQI... die nehmen da wahrscheinlich alles, was gerade so im Lager liegt :D Aber langsam werden sie Stück für Stück immer weiter durch neue LED Leuchten ersetzt. Ich denke, dass sie in wenigen Jahren verschwunden sein werden.
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Re: EUROPHANE S 400

Beitragvon Olav » Sonntag 6. Oktober 2024, 11:21

Hallo Gerrit,

deine Frage kann ich nicht beantworten. Es gibt eine Webseite von Guillaume Phozagora in Frankreich, wo es sehr viele ältere Kataloge von europäischen Leuchtenherstellern gibt.
Dort kannst du dich gerne mal auf die Suche machen und dann deine Ergebnisse hier mal schreiben. Ich bin gespannt, was du dort findest.

Freundliche Grüße

Olav
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