BeitragVerfasst am: 19 Jun 2009 16:23
stefan
Hallo Leute,
wie versprochen gibt es nun einige Insiderinfos zu Lampenbezeichnungen von NARVA. Alternativ könnt ihr auch noch mal die Lampenkataloge von 1964, 70, 72 und 74 studieren, die ihr auf meiner Seite findet.
Hier die Zusammenfassung aus früherem Schriftverkehr mit einem ehemaligen Mitarbeiter des Werkes (die Quelle möchte nicht genannt werden)
Seit den 50er Jahren (Gründung BGW 1953/54 (vorher OS*AM) bis 1964) verwendet BGW/NARVA bei Entladungslampen den gleichen Lampencode aus Endziffer-Jahr und Quartalsnummer 1-4 und Bei Glühlampen A-M (ohne J) für Monat und Endziffer-Jahr.
Ab 1965/66 (NARVA) war es zuerst das Quartal/Monat und dann das Jahr, ab 1967 immer erst das Jahr und dann das Quartal und Ende der 80er bis 90er nur noch das Jahr mit Schrägstrichen oder röm. I, II und III für das Quartal. Ohne Kennung ist IV.
In der Regel ist dieser Lampencode immer auf den Sockel gestempelt. Es sind auch Lampen ohne Datumcode aufgetaucht, welche aus s.g. 0-Serien stammen. Mit etwas Insiderwissen verrät aber auch die Brennerform und die Innenkonstruktion (Glimmerscheibe, Brennerhalteschlaufen, Art des verwendeten Zündwiderstands usw.) einiges über den Produktionszeitraum.
BGW produzierte außer Glühlampen und LS-Lampen noch HQL Lampen in den Leistungen 80W, 125W, 250W, 400W, 1000 und 2000W. Der Leuchtstoff der HQL hatte fast keinen Rotanteil und in der Folge ist keine Verstärkung der Lichtemission zu messen. Der Lichtstrom war also bei HQA/HQL identisch. Klare HQA-Lampen wurden in 80, 125, 250 und 400W gefertigt. Zusätzlich wurden HQA-Lampen der Leistungen 80, 125 und 250W auch mit matt geätztem Glaskolben hergestellt, sowie Reflektorlampen in Pilzform und Leuchtstoff mit 400W. Ausnahmen vom Standard gab es auch damals schon auf Anfrage.
1964 wurde BGW in das Kombinat VEB NARVA (N=Stickstoff, AR=Argon, VA=Vakuum) integriert. Auch alle anderen in der DDR existierenden Lampenhersteller wurden dabei ins Kombinat übernommen. Ab 1967 produzierte NARVA die HQL-Serie mit verschiedenen Leuchtstoffen unter der Bezeichnung HQLS (Silberweiß, Orthophosphat – nur unwesentlich in der Zusammensetzung zum BGW-Leuchtstoff verändert), HQLG (Goldweiß, Magnesium Fluor-Germanat – höherer Rotanteil) und HQLD (Deluxeweiß, Yttrium Vanadat – hoher Rotanteil, höhere Lichtausbeute durch zusätzliche Lichtemission des LS). 1967 kamen auch die HQL-Leistungsklassen 50W und 700W ins Sortiment, sowie [edit] 1969 die Halogen-Metalldampflampen HQI 400W, 1000W und 2000W.
HQL-Lampen mit 250W wurden 1964 erstmals mit Dom gefertigt (vorher nur 400, 1000 und 2000), der auch NUR in diesem Jahr frei von Leuchtstoff war. 1970 wurde dann wieder der Ellipsoid-Kolben für Lampen ab 250W eingeführt, 1971 für 400W-Lampen und 1973 dann auch für 700 und 1000W-Lampen. Die Lampe HQL/HQLS 2000/NF 2000-31 blieb bis 1981/82 unverändert in Produktion.
1972/73 wurden 400W, 1973 dann noch 250W Natriumdampf-Hochdrucklampen ins Sortiment aufgenommen. Diese trugen die Bezeichnung NaH (klar) und NaHL (mit Leuchtstoff).
1974 war das Jahr der Markteinführung für NAVIFLUX (NF), NACROMA (NC) und NATRALOX (NA), nach dem man sich endgültig von den OS*AM-Bezeichnungen lösen wollte (musste?!). NARVA hatte sich schon zuvor eine positive Stellung durch gute Qualität am Weltmarkt gesichert und wollte diese weiter ausbauen.
Bis 1976 wurden die HQL(NF)-Lampen noch mit den bekannten Lichtfarben produziert. Was zuvor die Bezeichnung HQLS 125 trug, hieß darauf NF 125-03, HQLG 125 wurde NF 125-02 und HQLD 125 wurde zu NF 125-01. Später überließ man verbesserte Lichtfarben ausschließlich den NC-Lampen und produzierte HQ-Lampen nur noch mit Yttrium Vanadat.
Zuletzt noch einige Einzelheiten zur Nomenklatur ab 1974:
NF (NAVIFLUX) – Quecksilberdampf-Hochdrucklampen
NC (NACROMA) – Halogen-Metalldampflampen
NA (NATRALOX) – Natriumdampf-Hochdrucklampen
NF 50, 80, 125, 250, 400, 700, 1000 – 00 (1. 0- Ellipsoid-Hartglaskolben, 2. 0- klare Ausführung), - 01 ( 1. 0- wie zuvor, 1- Beschichtung mit Leuchtstoff/ 2- und 3- wie oben beschrieben, aber nur bis 1976)
Zusätzlich gab es noch beschichtete Reflektorlampen in Ellipsoidform (-21) und Pilzform (-51).
NF 2000-30 (3- Ellipsoid-Hartglaskolben mit Dom, 0- klar/ nur auf Wunsch - kein Standard)
NF2000-31 (3- wie zuvor, 1- Beschichtung mit Leuchtstoff), beide nur bis 1982
NC 100(1980-), 175(1981-83), 250, 400, 1000 – 00 (wie zuvor), 01 (wie zuvor), alle auch für Export als -60 erhältlich (6- Röhren-Hartglaskolben, 0- klar)
NC 1000-62 (6- Röhrenform, 2- Farbtemperatur 5000K, Ra>80)
NC 1000-63 (6- wie zuvor, 3- Farbtemperatur 3200K, Ra>90)
NC 1000-64 (6- …, 4- Lichtfarbe violett/blau)
NC 1000-65 (6- …, 5- Lichtfarbe grün)
NC 2000-60 (Röhrenform, klar) und NC 2000-64 (Röhrenform, violett/blau leuchtend)
NA 50(1980/81-), 70(1979-), 150(1983-), 175(1976-83), 250, 400 – 00 und 01 (wie oben, -60 wie NC auf Anfrage für Export, sowie -66 ab 1986 als Deluxe für Innenräume, Ra>65)
Nachtrag: NA 250-07 (ab 1989) "brilliant", farbverbesserte Ausführung in ellipsoider Kolbenform
Beispiele für Datumcodes:
BGW HQA 125 24 – VI/1962
BGW HQL 250 33 – III/1963
BGW HQL 250 44 – IV/1964 (mit klarem Dom)
NARVA HQA 250 25 – II/1965
NARVA HQL 400 S X 16 – I/1966
NARVA HQLS 250 71 – I/1967
NARVA HQLG 125 14 – IV/1971
NARVA HQLD 250 24 – IV/1972
NARVA HQI 400 32 – II/1973
NARVA NF 250-0151 – I/1975
NARVA NF 125-2161 – I/1976
NARVA NF 125-01 42 – II/1984
NARVA NF 125-01 8 ||| - III/1988
NARVA NA 70-01 9 | - I/1989
NARVA NA 150-60 0 /// - III/1990
So das wars erst mal... Fagen tauchen sicher noch auf!
Gruß Stefan
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BeitragVerfasst am: 19 Jun 2009 18:51
Glasei
Dickes Dankeschön !
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BeitragVerfasst am: 19 Jun 2009 19:58
IngoZ.
Moin,
Stefan, vielen Dank für die interessante Abhandlung!! Einiges kam mir noch bekannt vor von Diskussionen.
Dann kann ich z.B. davon ausgehen, daß die ersten NA-Lampen, die in meiner Heimatstadt ca. in 1980 eingeführt wurden (schwarze Koffer statt Schiff), NA175 und nicht wie vermutet NA150 waren. [edit1: NA250 waren es garantiert nicht, die gabs aber damals auch schon ! Ich dachte früher, daß die NA175 die ersten NA-Lampen waren, aber auch Ingo K. sagte mir schonmal, daß 250W und 400W die ersten NA-Lampen waren.
Was mich auch wundert, wie zeitig es schon Halogenmetalldampflampen gab !]
Gruß IngoZ
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BeitragVerfasst am: 19 Jun 2009 22:16
stefan
Hi Ingo,
yepp, das waren 1980 noch 175er, 150 erst ab 1983... aber was macht dich so sicher, dass es keine 250er waren? Kann man das einschätzen?
Metalldampflampen gab es in den USA seit 1961 und so dolle war´n wir ja nun auch nicht hinterher...
Gruß Stefan
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BeitragVerfasst am: 20 Jun 2009 16:08
stefan
Ja klar Kinders, ist gern geschehen... will euch ja nicht im Dunklen lassen... vor allem nicht, weil ihr (berechtigterweise) auf die durch nix zu übertreffende Qualität von NARVA schwört... gut, ich will mal nicht ganz gemein sein, denn TESLA hat genau soviel geforscht und auf gute Qualität Wert gelegt... diese natürlich auch produziert! Nicht zu vergessen, dass beide Hersteller lange Jahre auch ihre Produkte unter anderen Labeln produziert haben, um gewissen ehemaligen Mutterkonzernen unter die Arme zu greifen, denn diese wussten sehr genau von der Perfektion derer Lichtquellen... na ja, man brauchte halt Hilfe (Devisen)...
TESLA produzierte übrigens schon ab 1967 NA-Hochdrucklampen, u.a. für GE.
Gruß Stefan
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BeitragVerfasst am: 20 Jun 2009 19:53
Glasei
stefan tippte:
Zitat:
TESLA produzierte übrigens schon ab 1967 NA-Hochdrucklampen, u.a. für GE.
*Ähem...* Wo du grade das Thema anschneidest:
Wer stellt eigentlich die ProtecClass-HQL's im Original her ?
Der einzige Hinweis auf die Herkunft sagt etwas von Ungarn,
aber sonst nichts genaueres.
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BeitragVerfasst am: 20 Jun 2009 21:47
stefan
... ehemals TUNGSRAM, seit 89 von GE übernommen.
Das wären in Ungarn die einzigen, die das produzieren könnten.
Die haben früher schon unter anderem Label produziert, könnte ich mir heute aber auch noch vorstellen.
Gruß Stefan
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BeitragVerfasst am: 21 Jun 2009 9:10
stefan
IngoZ. hat folgendes geschrieben:
Was mich auch wundert, wie zeitig es schon Halogenmetalldampflampen gab !
Hi Ingo,
sorry - hast Recht, hatte mich beim Abtippen verguckt. HQI gabs doch erst 1969. Habs geändert.
Gruß Stefan
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BeitragVerfasst am: 21 Jun 2009 10:04
IngoZ.
Moin,
Stefan, o.k., das macht eher SInn, dennoch beeindruckend.
Eine ähnliche Story (Ost produziert für West, man könnte auch moderne Sklaverei dazu sagen...) könnte man für Elektronenröhren (RFT-Röhren wurden schon in der Zone mit Bundeswehrstempel versehen !!! Soviel zum "kalten Krieg", RFT-Röhren wurden blanko geliefert, später bekamen sie West-Logo), Fernseher (Fernseher LUXOMAT VT und COLORMAT wurde unter BRUNS, ELIN und Quelle-Marken "verhökert", undundund bis hin zu Klamotten erzählen. Der ach-so-tolle "Sozialismus" hätte anders garnicht überleben können... eigenes Thema.
Umso erfreulicher (oder auch nicht) ist die Tatsache, daß die Ost-produkte oft liebevoller hergestellt wurden als viele West-Pendands, weil man sich ja einkratzen mußte... ein schönes Bsp ist die HQL...NF125 für Export...
Gruß IngoZ
p.s.: glaub schon, daß man NA250 und 150/175 unterscheiden kann, bei gleichgutem Reflektor ist die 250 deutlich heller und "weißlicher". 150 und 175 könnte ich nur in der AUsführung -00 unterscheiden
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BeitragVerfasst am: 21 Jun 2009 11:55
stefan
IngoZ. hat folgendes geschrieben:
p.s.: glaub schon, daß man NA250 und 150/175 unterscheiden kann, bei gleichgutem Reflektor ist die 250 deutlich heller und "weißlicher". 150 und 175 könnte ich nur in der AUsführung -00 unterscheiden
... na ja, aber ohne die Referenz daneben?... unser visuelles Wahrnehmungsvermögen - war es den damals vor 29 Jahren schon auf solche Feinheiten abgestimmt?... ich könnte es nicht genau von mir sagen...
Aber von der Logik her haste schon Recht. Neuanlagen mit BG1 waren 1980 oftmals 175er, die 250er zu der Zeit meistens noch im Leipziger Tropfen auf höheren Masten zu finden - Zumindest in Erfurt.
Gruß Stefan
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BeitragVerfasst am: 21 Jun 2009 13:17
IngoZ.
Zitat:
... na ja, aber ohne die Referenz daneben?... unser visuelles Wahrnehmungsvermögen - war es den damals vor 29 Jahren schon auf solche Feinheiten abgestimmt?
...ähem... mein visuelles Vergleichsvermögen war, bis zum entscheidenden Alter von 12...14 ... fast ausschließlich auf Straßenbeleuchtung abgestimmt... Wie glaubich schonmal erzählt, fuhr ich öfters mit dem Fahrrad bei Einbruch der Dunkelheit zu den "neuen gelben" Straßenleuchten, um sie hochlaufen zu sehen... meine Kumpels reagierten auf sowas mit einem gewissen ... "Unverständnis". In Magdeburg gab es deutlich hellere BG1-Koffer, das waren dann 250-er, wie ich später feststellte (Sockel mit Lampenrest bei Demontage).
Leipziger Tropfen gab es rel. zeitig in Köthen, wo ich die ersten NA-Lampen bestaunen durfte (so um 1975...78, weiß ich nicht mehr so genau) hier hab ich aber nich nicht so auf die Helligkeit geachtet bzw. fehlte hier wirklich die Referenz.
Gruß IngoZ
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BeitragVerfasst am: 21 Jun 2009 20:08
Glasei
@ Stefan: Danke Dir !
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BeitragVerfasst am: 21 Jun 2009 21:14
Matthias
Moin,
danke Stefan,für diese schöne detailierte Auflistung!
@IngoZ:
Prima, das mal jemand das Thema Elektronenröhren anspricht.
Auch wenn´s nicht ganz hier reinpasst..wobei der Heizfaden auch glüht und eigentlich alle Röhren ne schöne Getterschicht besitzen.
Und gleich noch ne kurze Ergänzung:
Das RFT Röhrenwerk Mühlhausen war das größte Elektronenröhrenwerk der Welt und produzierte bis zur Wende nicht nur für Siemens, AEG und Telefunken(tatsächlich kaufte das Bundeswehrbeschaffungsamt bei RFT ein!Gelabelt mit Telefunkenstempel und Bundesadler ),sondern auch für die USA(u.a.Westinghouse,Syl*ania),England(für Marshall und sämtliche anderen weltbekannten Hersteller für Röhrenverstärker),sowie Italien und Frankreich!
Übrigens erkennbar am kleinen Grübchen oben auf dem Glaskolben!
Auffällig auch die Parallele zu NARVA,denn auch RFT arbeitete eng mit TESLA zusammen,denn diese stellten ebenfalls Rundfunkröhren her!
Gruß Matthias